LINN LÜHN

ALEX JASCH

Hallo Leute!

September 5 - October 17, 2009

Alex Jaschs Arbeiten thematisieren Übergänge: Dinge des alltäglichen Gebrauchs werden zu Abdrücken des menschlichen Lebens und Haltungen – eher achtlos eingenommen – werden zu Zeugnissen eines „menschlichen Bewusstseinszustandes“.

In der Arbeit Tischinstallation, 2009 nutzt Jasch eine vorgefundene Travertinplatte als eine Art Plattform, auf der sich diese Übergänge ereignen: er arrangiert verschiedene Objekte wie eine Tüte mit Glas, Lampe und Stuhl, so daß sie in eine besondere Beziehung zueinander treten können. Auf diese Weise erhalten die gefundenen und bearbeiteten Objekte ein „spezifisches Erscheinungsbild“, das vom menschlichen Leben zeugt – wie die die Hand des Künstlers, dessen Geste sich als umsprühte Form auf der Platte „abgedrückt“ hat. Auch die Lampe verweist auf ein Moment des Übergangs: Sie beleuchtet die Situation und je nach Oberflächen-gestaltung wirft ihr Licht Schatten oder erzeugt Reflexionen.
Nur wenn man im richtigen Moment in einem bestimmten Blickwinkel auf die Glasscherben blickt, wird aus einem stumpfen Splitter ein funkelndes Objekt. Das gilt auch für den künstlerischen Prozess: Nur wenn es gelingt, die Gegenstände und Materialien in ihrer Eigenart zu erkennen, bekommt das Werk „den Klang einer unrelativierten Schönheit“.

Bei den drei Arbeiten mit dem Titel Über die Verrichtung verstrichener Farbe, rot, gelb blau von 2009 geht es Alex Jasch u.a. um das Malen als Handlung an sich. Das Verstreichen ist eine einfache, konzentrierte Tätigkeit: Der Künstler führt den Pinsel über die verschieden geformten Holzfragmente, je nach Richtung und Dauer der Bewegung mischen sich dabei die aufgetragenen Farben zu unterschiedlichen Farbklängen. Die Einfachheit dieser „Verrichtung“, die keine gestalterische Entscheidung fordert, gibt dem Künstler die Möglichkeit, ein existentielles Gefühl der Verzweiflung, „diese Krankheit im Selbst“ (Kirkegaard) auf momenthafte Art und Weise zu überwinden. Als Betrachter sieht man die Ergebnisse dieser Geste – harmonische Farbverläufe, die einen eigenen Raum schaffen. Vor allem aber ist man Zeuge dieses geglückten Moments, als der Künstler „bei sich“ war.

Nicht mit Farbe, sondern mit einer Mischung aus Asche und Kunstharz arbeitet Jasch an den Bildern Spiegel aus dem Harz von 2007. Indem er diese fast leblos wirkende Masse „affekthaft schmierend“ auf die lebendig reflektierende Oberfläche des Spiegels aufträgt, vollzieht er auch hier eine im Grunde malerische Handlung. Wieder läßt sich eine Art Übergang beobachten: Die „verwandelnde Wirkung des Gestaltens“ ästhetisiert die eigentlich ‚armen’ Materialien und bringt sie in ihrer spezifischen Eigenart zum Sprechen.

Die Idee der ‚Vollendung’ zur Einschätzung des eigenen Gelingens hat Alex Jasch also nicht aufgegeben, aber sein Ziel erschöpft sich nicht darin, ästhetische Objekte zu schaffen. Er will „Situationen erzeugen, in denen die Gestaltung zur zentralen Verrichtung wird, mit welcher der einzelne, als in irgendwelche Handlungen eingebundener, sich selbst aus seiner Befangenheit zum Glück der Selbstheit befreien kann“

(Soweit nicht anders vermerkt sind die Zitate einem Gespräch mit dem Künstler entnommen)

Julia Bulk

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