Die Kunst ist ein Unendliches, jedes Kunstwerk ein Bruchstück, trotzdem es als ein Vollständiges erscheint.
Konrad Fiedler
Sebastian Ludwig schlägt mit seinen gegenwärtigen Bildern einen neuen Weg ein. Seinem malerischen Stil, dem höchst nuancierten und experimentellen Umgang mit der Farbe ist er treu geblieben.
Neu ist der Träger, den er verwendet. Von der Leinwand hat er sich fortbewegt und wählt nun eine weiß furnierte Holzplatte als Untergrund. Diese ermöglicht ein Spiel mit der Technik und eröffnet ihm einen noch präziseren Umgang mit der Materie. Indem er mit einem Messer in die Kolorierung ritzt, wird die Vielschichtigkeit des Farbauftrages sichtbar. Er erschafft so mehrere Ebenen, bis er zu dem Weiß des Untergrundes gelangt, das zum Teil prägnant hervorsticht und den Blick immer wieder weg vom Motiv auf den Prozess des Entstehens lenkt.
Die Technik wird zur Bildsprache.
Grundbaustein, über den der Betrachter in die drei jüngsten Werke Tarnmantel, Kraken und Krone, geführt wird, ist das aperiodische Penrose-Muster, das den Blick ins Unendliche verbirgt.
Der Bildaufbau von Tarnmantel ist vom Durchdringen mehrerer Ebenen gekennzeichnet. Perspektivische Vexierspiele, geometrische Formen, strukturierende Unterteilungen und Symmetrien verleihen einen indirekt graphischen Charakter, der wiederum durch die Figürlichkeit durchbrochen wird. Je mehr man sich mit der Komposition beschäftigt, umso mehr sieht man die Bilder hinter den Bildern.
Die neueren Arbeiten greifen nicht nur innerhalb ihrer Serie ineinander über, sondern gehen auch zurück auf Arbeiten aus den letzten Jahren. Sebastian Ludwig legt eine Gedächtnisspur, die nachvollziehbar ist. Er sieht darin ein Spiel, das von der Fragestellung ausgeht, „inwieweit ein (Wieder-) Erkennen durch den Betrachter zustande kommt, oder auch nicht...“. Dieses (Wieder-) Erkennen kann sowohl kunsthistorischer, alltäglicher oder auch persönlicher Natur sein (indem er sich auf seine eigenen Arbeiten bezieht).
Sichtbar wird diese Verknüpfung auch in Meta und Krakatau. Während diese zwei Bilder im Gegensatz zu Tarnmantel in ihrer Farbgebung noch an frühere Arbeiten erinnern, so bedingen sie doch einander und nehmen zudem Bezug auf Werke sowohl zeitgenössischer, als auch moderner Künstler.
Könnte es die Gedächtnisspur sein, die in den Werken Sebastian Ludwigs zu erkennen ist, die Konrad Fiedler als Unendlichkeit definiert? Ist es diese Unendlichkeit, die sich in der aktuellen Ausstellung widerspiegelt?
Sebastian Ludwig arbeitet mit einem Bildvokabular, das abstrakt und figürlich ist, das undefinierbare und zeitlose Orte konstruiert, naturverbunden und künstlerisch zugleich. Der Blick hinter die Bilder eröffnet einen Blick ins Unendliche, ein Blick, der jedem Betrachter die Möglichkeit bietet, sich damit auf seine eigene Weise auseinanderzusetzen und selbst zu entscheiden, wo die Unendlichkeit zu finden ist.
Corina Hein